Ich gebe es zu: Jeden Morgen sitze ich beim Frühstück und lese unsere lokale Tageszeitung. Ich tue das zum einen aus Tradition, weil ich es mir schon als Teenager angewöhnt habe (und damals war das mit dem Internet noch nicht so weit), zum anderen bekomme ich hier Informationen aus der Region, die ich im Netz in dieser Form nicht wirklich finde. Unsere Lokalzeitung verfügt zwar über einen Online-Auftritt, die Artikel erscheinen dort aber erst mit Verzögerung – 12 bis 24 Stunden später. Außerdem bietet mir die Tageszeitung die Möglichkeit zu einem angenehm entschleunigten Lesen – einfach ein ruhiger Beginn des Tages.

Jetzt war vor kurzem zu lesen und zu hören, dass der Springer-Verlag etliche seiner Traditionsblätter, darunter die Berliner Morgenpost, das Hamburger ABendblatt und die Hörzu, verkauft. Und dann kam aus Amerika die Meldung, dass der Amazon-Chef Jeff Bezos die Washington Post gekauft hat.
Diese Meldungen sind allerdings nur die Spitze des Eisberges, der allgemein mit dem Begriff “Niedergang der Print-Presse” beschrieben wird.

Ich bin ja schon immer der Meinung, dass die Infrastruktur, die in den Zeitungsredaktionen vorhanden ist, absolut sinnvoll, ja sogar notwendig ist. In diesen Redaktionen finden sichidealer Weise Journalisten, die auch eine kompetente und unabhängige Bewertung der Ereignisse liefern können, über die sie berichten.
Ob das Produkt, das in diesen Redaktionen entsteht, am Ende eine auf Papier gedruckte Zeitung sein muss, halte ich allerdings für fraglich.

Was die Zeitungen außerdem tun sollten, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein, schreibt Cordt Schnibben in einem Beitrag auf Spiegel-Online mit dem Titel Elf Vorschläge für bessere Zeitungen.Vor allem – so schreibt er – müssen sich die Zeitungen auf die digitalen Medien einlassen. Und das nicht nur als Vertriebs- sondern vor allem auch als Kommunikationsweg. Die Zeitung darf sich nicht mehr nur als Verbreiter von Informationen sehen sondern sich auf den Dialog mit dem Leser einlassen, ihn sogar zum Komplitzen machen. So weit, so gut.
Und dann kommt als elfter Vorschlag folgendes:

Aber all das ist sinnlos, wenn das Wichtigste nicht passiert: Der Zeitungsleser muss sich zu dem bekennen, was ihn jahrzehntelang schlau gemacht und was ihn unterhalten hat, was ihn erregt und auch mal empört hat, er muss sich zu seiner Zeitung bekennen. Nur wenn er bezahlt, zukünftig auch im Netz, können Zeitungen überleben.

Da ist sie wieder, die Aufforderung an den Kunden, den Leser, sich zu bekennen und endlich die Kohle auf den Tisch zu legen.
Natürlich soll die Arbeit, die von den Journalisten in den Redaktionen geleistet wird, angemessen bezahlt werden. Aber als Abonnent und Leser einer Tageszeitung frage ich mich bei dieser Forderung, was ich denn bisher getan habe? Habe ich nicht für meine Zeitung bezahlt? Bin ich nicht sogar finanziell in Vorleistung getreten, indem ich meine Tageszeitung abonniert habe? Soll ich für den zusätzlichen Vertriebsweg bezahlen, der mir eigentlich keinen zusätzlichen Nutzen bringt?

In Zukunft würde ich die Inhalte, die meine Zeitung mir derzeit bietet, auch online oder auf meinem E-Reader oder auf einem Tablet lesen. Aber ich glaube, den Wechsel von der Papierzeitung würde ich vor allem dann vollziehen, wenn er mir einen Vorteil bringt.
Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass ich mir die Inhalte, die in abonnieren will, zielgerichteter aussuche. Ich würde zum beispiel den Sportteil weglassen und mir statt dessen den Regionalteil der Nachbarstadt wählen, den ich in der Papierausgabe nicht bekomme.

Seien wir ehrlich: Die meisten Zeitungsverlage haben es einfach verschlafen, sich rechtzeitig um die digitalen Vertriebswege zu kümmern und ein entsprechendes Geschäftsmodell zu entwickeln.
Aber die Chancen, dass sie diesen Fehler noch gut zu machen, stehen gut. Aber man muss sich in den Redaktionen auf seine Stärken besinnen – zum Beispiel die Lokalberichterstattung und die Kompetenz, Ereignisse in einen großen Rahmen einzuordnen sowie Hintergründe genau zu erklären. Mit solchen Angeboten kann man sicher auch im Internet gutes Geld verdienen.

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