Ich gebe es zu: Ich finde Vorstellungsgespräche schrecklich. Zumindest aus meiner Perspektive als Bewerber.

Ich sitze zwei oder oft auch mehr Personen gegenüber, die mich ausfragen und von mir Erwarten, dass ich mich gut gelaunt präsentiere. Dabei verursacht die Situation bei mir vor allem eines: Stress. Immerhin habe ich mich auf eine Stelle beworben, von der ich glaube, dass ich für sie geeignet bin und sie mir Spaß machen wird. Entsprechend möchte ich mich auch als der optimale Bewerber für die angebotene Stelle präsentieren. Und genau hier liegt das Problem, das allerdings nicht nur ich habe, sondern auch viele andere Menschen.

Um sich dann auch als optimaler Bewerber präsentieren zu können, wird ein großer Aufwand getrieben. Man bereitet sich intensiv auf das Vorstellungsgespräch oder (noch schlimmer) auf das berühmt-berüchtigte Assessment-Center vor. Da werden die häufigsten Bewerbungsgesprächs-Fragen studiert, Antworten dazu vorformuliert und auswendig gelernt. Es wird überlegt, wo man in fünf Jahren stehen will und welche vermeintlichen Schwächen man in Stärken ummünzen kann. Bei all dem hat man natürlich immer den zukünftigen Arbeitgeber im Hinterkopf und überlegt, nach welcher Art Mitarbeiter dieser möglicherweise sucht. Natürlich ist man besser über den potentiellen neuen Arbeitgeber informiert, als dieser selbst. Und je nachdem, was man über die Firma herausgefunden hat, ist man entweder total hip oder aber durch und durch wertkonservativ, auf jeden Fall aber immer unheimlich engagiert, dynamisch und begeisterungsfähig.

 

Ich hatte inzwischen mehrfach die Gelegenheit, mich außerhalb von Bewerbungsgesprächen mit Personalern und Mitarbeitern aus dem Bereich Human Ressources zu unterhalten. Und wenn man in einer Unterhaltung mit diesen auf dieses Thema zu sprechen kommt, schlagen die meisten die Hände über dem Kopf zusammen. Die einhellige Meinung dort ist, dass man es sofort merkt, ob der Bewerber eine Rolle spielt oder sich authentisch verhält. Und die Schauspieler unter den Bewerbern fallen meist sofort aus dem Rennen um die Stelle.

Der Grund: Die Personalverantwortlichen wollen im Vorstellungsgespräch feststellen, ob der Bewerber in die Firma oder das Team passt. Wäre der Bewerber nicht grundsätzlich qualifiziert, hätte man ihn überhaupt nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Um aber festzustellen, ob der Bewerber in das Team passt, müssen sie einen echten Eindruck von ihm bekommen. Wenn sie dann aber merken, dass dieser nur auswendig gelernte Antworten abspult (die sie vielleicht auch schon hunderte Male gehört haben), können sie ihn nicht wirklich beurteilen.

 

Natürlich verfolgen die Personalverantwortlichen mit ihren Fragen im Vorstellungsgespräch einen Zweck. Und natürlich ist es sinnvoll, sich als Bewerber auf die Fragen vorzubereiten. Es bringt aber nichts, auf die Frage nach der größten eigenen Schwäche zu antworten: „Ich arbeite zu viel.“ Zum einen glaubt einem das keiner, zum anderen haben diese oder eine ähnliche Antwort schon hunderte andere Bewerber gegeben. Kreativ ist das nicht.

Viel besser und sinnvoller bereitet man sich auf ein Vorstellungsgespräch vor, indem man sich ein wenig in Selbsterkenntnis übt. Man sollte sich selbst darüber klar werden, warum man sich auf diese spezielle Stelle beworben hat, warum man in dieser bestimmten Firma arbeiten will. Und natürlich sollte man sich mit den Fragen beschäftigen, die in einem Vorstellungsgespräch gestellt werden. Aber man sollte nicht irgendwelche vorformulierten Antworten von Fremden übernehmen. Stattdessen sollte man eine eigene Antwort auf die Frage finden, was der eigene größte Misserfolg war, wie man mit eigenen Fehlern umgeht oder wie man sich seinen idealen Arbeitsplatz vorstellt.

Das wichtigste im Bewerbungsgespräch ist, sich selbst treu zu bleiben und sich nicht zu verstellen. Bekommt man die Stelle dann nicht, passt man vielleicht tatsächlich nicht in das Team und es ist vielleicht besser, dass man nicht genommen wurde.

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